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Städtli Aussensicht: Dominik Flammer

10. Februar 2022
Die Entwicklung Lichtensteigs sei teilweise sehr spannend und das Städtchen sehr innovativ, sagt Dominik Flammer. In Bezug auf die Aufwertung der Altstadt und besonders auch Vernetzung in der Kulinarik-Region Toggenburg bestehe grosses Potenzial.

Dominik Flammer, 55, Buch- und Drehbuchautor sowie Ernährungsforscher, ist Inhaber der Zürcher Agentur «Public History Food». Im Mittelpunkt seiner Arbeit steht das kulinarische Erbe des Alpenraums.

Wie ist Ihre Verbindung zu Lichtensteig?
Als Ostschweizer habe ich eine Verbindung seit meiner Kindheit. Ich erinnere mich besonders an den «Indianerteller» in der ehemaligen Brauerei Burth, denn Pommes-Frites ass man auswärts, damit es daheim nicht nach Frittieröl stinkt. Seit Jahren verbindet mich eine tiefe Freundschaft zum Käser Willy Schmid und seiner Frau Bea. Und: Im Auftrag der Gemeinde durfte ich das Grundkonzept der «ChääsWelt Toggenburg» mit aufbauen.

Wie schätzen Sie die Entwicklung in Lichtensteig ein?
Das ist teilweise sehr spannend! Ich finde, das Städtchen ist sehr innovativ, da passiert einiges, vieles ist faszinierend.

Welche Potenziale sehen Sie fürs Städtli?
Ich habe die starke Hoffnung, dass Lichtensteig eine Vorreiterrolle unter den kleinen, schönen Städtchen der Schweiz einnimmt. Das konnte die Gemeinde bisher nicht erreichen.

Was könnte in der Hinsicht besser laufen?
Man könnte sich überlegen, was man mit den Parterre-Geschossen in der Altstadt anstellt. In Zukunft wird sich die Frage stellen, wie man die Lebensqualität der Einwohnerinnen und Einwohner, aber auch die Mietpreise verbessern kann. Hier wären die Parterres ein möglicher Ansatz.

Erklären Sie uns das bitte ausführlicher.
Früher war es üblich, dass beispielsweise ein Metzger nur die Miete für die Wohnung über dem Parterre-Ladengeschäft bezahlen musste, nicht jedoch fürs Geschäft selbst. So war es attraktiv, einen kleinen Laden zu führen. Einen ähnlichen Weg könnte man wieder gehen. Denn man bekommt sowieso schlicht keine Rekordmieten mehr in solchen Lagen. Hier könnte Lichtensteig ansetzen und an Attraktivität sowohl für die Einwohnerschaft, Liegenschaftsbesitzer und vor allem auch Geschäfte wie Lebensmittelhändler und Restaurants gewinnen.

Weshalb wäre das wichtig?
Weil die immer schnelleren Zugverbindungen zu einem Problem werden könnten. Denn so rückt Lichtensteig näher an Zentren wie Zürich und St. Gallen. Es besteht die Gefahr, dass das Städtli zu einem reinen Schlafdorf verkommt, weil die Leute nur noch in den Zentren einkaufen oder essen gehen.

Was könnte die Gemeinde aktiv tun?
Ich weiss nicht, ob die Gemeinde im Besitz von Restaurant-Immobilien ist. Aber falls ja, dann könnte sie mit gutem Beispiel vorangehen und eine möglichst geringe Grund-Pacht mit gewissen Auflagen verknüpfen. Zum Beispiel, dass die Wirtsleute mit 70–80 % regionalen Produkten arbeiten müssen oder sich bemühen sollen, ein regionales Profil zu führen. Die Gemeinde sollte sich stark in der Region einbringen. Wenn Lichtensteig sich auf die enge Zusammenarbeit mit dem Rest des Toggenburgs fokussiert und etwa die Zusammenarbeit mit Bauern und Gastronomen fördert, dann hat das Städtchen mittel- und langfristig keine Probleme.

Sie leben in Zürich. Wenn die Stadt etwas von Lichtensteig übernehmen könnte, was wäre es?
Ich glaube nicht, dass Zürich sehr viel von Lichtensteig übernehmen kann. (lacht) Vergleicht man die beiden Orte, wäre es dasselbe, wie wenn man Bananen mit Postautos vergleichen will, nur, weil beide gelb sind.

Link: https://publichistory.ch

(Foto: Tina Sturzenegger)

Dominik Flammer
Dominik Flammer (Copyright Tina Sturzenegger)