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Eliane Lepri und Nadja Haab: Die Musikinstrumente sollen nicht verstummen

16. Juni 2022
Die Schwestern Nadja Haab und Eliane Lepri führen das Lebenswerk ihres Vaters weiter. «Fredys mechanisches Musikmuseum» bleibt also eine Institution in Lichtensteig – und das seit 44 Jahren.

Es wirkt herrschaftlich, das Haus «zur Frohburg» an der Bürgistrasse 5. Betritt man es, begrüssen einen aber nicht nur Teppiche und Stuckaturen. Der Blick fällt im ersten Raum sofort auf ein Klavier – das sich als historischer Musik-Automat entpuppt. Statt selbst die Tasten zu drücken, tritt man in die Pedale. Eine Rolle dreht sich, Musik erklingt. Anders als etwa bei einem Plattenspieler kommen die Klänge aber nicht aus der Konserve, sondern werden vom Klavier tatsächlich gespielt. Eine Form der Musikwiedergabe, die wir heute fast nur noch von Jahrmärkten oder Anlässen wie dem Lichtensteiger Drehorgeltreffen kennen. «Wir geben hier also einen Einblick in Unterhaltungstechnik längst vergangener Zeiten», sagt Nadja Haab. Das Klavier ist nur eines von unzähligen Exponaten, die ihr Vater Fredy Künzle bis zu seinem Tod gesammelt und ausgestellt hat. Heute führen die Schwestern Nadja Haab und Eliane Lepri «Fredys mechanisches Musikmuseum» – und setzen damit das Lebenswerk ihres Vaters fort. «Für uns lebt unser Vater mit den Musikinstrumenten im Museum weiter», sagen die zwei. «Die Musikinstrumente sollen nicht verstummen.»

Erstes Museum seiner Art in der Deutschschweiz
Nadja Haab und Eliane Lepri sind in Lichtensteig geboren und aufgewachsen. Die exklusive Sammlung ihres Vaters war ein Teil ihrer Kindheit. Denn schon als Siebenjähriger, selbst ein Kind also, habe ihr Vater seine Sammlerleidenschaft entdeckt, erzählen die Schwestern. 1965 kam er schliesslich an das Objekt, welches dem zukünftigen Museum als Fundament dienen sollte: Der damals 13-Jährige fand eine seltene Spieldose. «Sie ist immer noch Teil unserer Ausstellung», erklärt Eliane Lepri.

Im Juli 1976 eröffnete Fredy Künzle eine erste öffentliche Ausstellung, seit 1978 findet sich die Sammlung an der Bürgistrasse. Eine Sammlung, die nicht nur wegen ihres enormen Umfangs bemerkenswert ist – «Fredys mechanisches Musikmuseum» war das erste Deutschschweizer Museum seiner Art überhaupt, wie die zwei Schwestern stolz betonen. Verdientermassen erhielt Fredy Künzle dafür im Jahr 1996 den Kulturpreis des Kantons St. Gallen.

Eindrückliche Vorführungen
Heute zeigt das Museum Exponate aus der Zeitepoche 1870 bis 1946. Allen Stücken gemein ist, dass sie nicht einfach Musik wiedergeben, sondern selbst Instrumente sind. Ob Schwarzwälder Flötenuhr oder pneumatischer Klaviervorsetzer, Konzertflügel oder Orchestrione: Alles, was mechanisch Musik erzeugt, lässt sich im Museum finden. Dass es sich dabei nicht einfach nur um Vorläufer von Plattenspieler, CD und Streamingdiensten handelt, zeigt besonders das «Weber Maestro», ein Jazzband-Orchestrion. Es ersetzt 1:1 Piano, Violine, Flöte, Klarinette, Trompete, Jazztrompete, Cello, Saxophon, Lotusflöte, Xylophon und ein Schlagzeug. Es ist eindrücklich, dieses Instrument zu hören und zu sehen.

Historische Musikinstrumente im historischen Städtli
Wie das Orchestrion sind die meisten der mechanischen Musikinstrumente voll funktionstüchtig, wie das Team um Eliane Lepri und Nadja Haab gerne vorführt. Das Museum ist für Gruppen auf Voranmeldung ganzjährig geöffnet, jedes letzte Wochenende der Monate April bis Dezember sind auch um 15.00 Uhr für Einzelpersonen Besuche möglich. Besondere Anlässe und Events finden ebenfalls statt. Wegen der Pandemie sei die Vorbereitung jedoch schwierig, wie Nadja Haab erklärt. «Aktuell ist die Planung von Projekten eine Herausforderung, da wir nicht wissen, ob und welche Einschränkungen sich im Herbst zeigen werden.» Keine Bedenken haben die Schwestern jedoch am Museumsstandort Lichtensteig selbst. Die zwei schätzen das historische Städtli und die schönen Begegnungen mit den Mitmenschen sehr, wie sie sagen. Und vielleicht ergebe sich in Zukunft auch ein gemeinsames Projekt mit den anderen Museen im Städtli. «Das würde uns sehr freuen», so Nadja Haab.

Link: Fredys mechanisches Musikmuseum

Telefon: 071 988 37 66

Eliane Lepri (und Nadja Haab
Eliane Lepri (links) und Nadja Haab